Das "Liechtensteiner Volksblatt" berichtet über angebliche antideutsche Ausschreitungen in Belgien


Artikel im "Liechtensteiner Volksblatt" [1]

22.8.1914

Unglaubliche Bestialitäten der Belgier

Das Wolffbureau meldet: Wie hier bekannt ist, verbreiten Franzosen unerhörte Behauptungen über Grausamkeiten deutscher Truppen. [2] Dem gegenüber stellen wir fest, dass nichts derartiges geschehen ist. Naturgemäss sind die deutschen Truppen gezwungen, sich gegen die belgische Zivilbevölkerung, die sich an dem Kampfe aus dem Hinterhalte beteiligte, zu verteidigen. Wie der Krieg von der belgischen Bevölkerung geführt wurde, ergibt sich am besten aus folgenden Vorfällen, die von Augenzeugen geschildert wurden: Darnach haben wir von Seite der belgischen Bevölkerung, Männer und Frauen, halbwüchsige Burschen, an unseren Truppen alles erlebt, was wir sonst nur in Negerkämpfen erlebten. Die belgische Zivilbevölkerung schiesst aus jedem Hause, aus Büschen, mit völlig blindem Hass auf alles, was deutsch ist. Wir hatten schon in den ersten Tagen Verwundete und Tote durch die Zivilbevölkerung. Einem Deutschen wurde im Bette die Kehle durchschnitten, in einem Hause, das die Fahne des Roten Kreuzes trug, waren fünf Mann einquartiert. Am anderen Morgen fand man alle erstochen. In einem Hause in Verviers fand man einen einzelnen Soldaten mit auf den Rücken gebundenen Händen und ausgestochenen Augen. Bei einer nach Lüttich abgegangenen Kolonne von Automobilen trat eine junge Frau an den Chauffeur eines der Wagen heran, hielt ihm plötzlich einen Revolver vor den Kopf und schoss ihn nieder. Bei dem Vorbeimarsch einer Truppe an einer Hecke wurde in der Dämmerung ein Mann aus naher Entfernung angeschossen Ein anderer Mann wurde in der Dunkelheit durch einen Schrotschuss aus allernächster Nähe so schwer am rechten Arme verletzt, dass derselbe sofort abgenommen werden musste. In Gemmenich wurde von der Bevölkerung eine Sanitätskolonne angeschossen. Die aus drei Husaren bestehende Begleitmannschaft war gegenüber den Angreifern zu schwach, konnte jedoch noch drei Täter fassen und füsilieren und das Haus, aus dem die meisten Schüsse fielen, einäschern. Das Rote Kreuz am Arm und Wagen schützte die Ärzte nicht.

Die letzten Nachrichten, welche in Belgien lebende Deutsche in ihre Heimat brachten, lassen erst jetzt die Greueltaten, die der belgische Mob sich unausgesetzt zuschuldenkommen lässt, in ihrem ganzen Umfange erkennen. Die Erzählungen deutscher Flüchtlinge berichten von Dingen, die man in einem Kulturstaate kaum für möglich halten würde und die man eher irgend einem Inselvolke im Stillen Ozean zutrauen könnte, als einem Volke, dessen Handel und Industrie Weltruf haben.

Über die unerhörten Ausschreitungen des Brüsseler Pöbels weiss in der "Kölnischen Zeitung" ein Gastwirt aus Brüssel folgendes zu berichten:

"Als man den Laden eines deutschen Metzgers plündern wollte und der Mann Widerstand leistete, nahm man die Fleischmesser und stach ihn nieder; das erzählte ein angeblicher Augenzeuge. Einen 72 Jahre alten Deutschen, der seit 40 Jahren in Brüssel gelebt, habe man, so wurde berichtet, aus dem Kaffee Continental an den Füssen herausgeholt und so übers Pflaster geschleift. Einen deutschen Kaffeewirt bei der Gare du Midi soll man zur Polizeiwache geschleppt, dort nackt ausgezogen und elend zerschlagen haben."

Noch schlimmer scheint es in Antwerpen zugegangen zu sein, wie aus der Erzählung eines Augenzeugen in der "Kölnischen Volkszeitung" hervorgeht:

"Man sollte eine Behandlung, wie sie den Deutschen jetzt in Belgien zuteil geworden ist, in einem zivilisierten Lande nicht für möglich halten. Wie die Hunde sind wir aus Antwerpen gejagt und über die Grenze gehetzt worden. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch ging es los. Der Pöbel zertrümmerte alles, was Deutschen gehörte und sich Deutsch nannte. Das Hotel Weber, welches seit acht Tagen für arme belgische Krieger Nahrungsmittel gegeben hatte, wurde vollständig zertrümmert. Mir selbst trat ein Individuum entgegen und sagte etwa: 'Wenn Sie sagen, dass Sie ein Deutscher sind, schiesse ich Sie sofort tot!' Um mein Leben zu retten, musste ich meine Nationalität verleugnen. Ein Haus, in dem nur eine Mutter mit ihren Kindern wohnte, wurde vollständig ausgeraubt. Ein armer Mann, ein Reisender, der über die Strasse ging und mit mir ein Wort deutsch sprach, wurde am Halse gepackt und dermassen geschlagen, dass vom Gesichte nichts mehr zu erkennen war. Ein Polizist brachte ihn zur Wache. Ohne belgisches Abzeichen kam man am Bahnhofe gar nicht durch. Hier hat man Hunderten von Leuten die Fahrkarten abverlangt, dann wurden sie in den Wartesaal geführt und ihnen gesagt: 'So, jetzt könnt ihr gehen!' Fahrkarten oder Geld gab man ihnen nicht wieder. Überhaupt, wenn ein Deutscher ausgeraubt war, sagte man ihm: 'So, jetzt können Sie gehen!' Das Entsetzlichste, was ich je gesehen habe, war, dass der Pöbel eine arme Frau mit vier Kindern sozusagen zerrissen hat und die Kinder mit dem Kopfe gegen die Wand schlug."

Ein anderer Brüsseler Deutscher, der drei Jahre in Belgien gelebt hat, und Brüssel Hals über Kopf, unter Zurücklassung seiner ganzen Habe und seiner belgischen Frau verlassen musste, erzählte, dass man in Brüssel Deutschen die Augen ausgestochen und die Ohren angeschnitten habe.

Und so häufen sich die Nachrichten über die grässlichen Ausschreitungen des belgischen Mobs. Wenn man bedenkt, dass wahrscheinlich nur ein kleiner Teil dieser unglaublichen Grausamkeiten bis jetzt bekannt geworden ist, so kann man sich annähernd eine Vorstellung machen von den Verfolgungen, denen die noch in Belgien lebenden Deutschen ausgesetzt sind.

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[1] L.Vo., Nr. 34, 22.8.1914, S. 2.
[2] Deutschland hatte am 4.8.1914 ohne Kriegserklärung das neutrale Belgien überfallen.