Die Gemeindevorsteher huldigen dem Fürsten Alois II. von Liechtenstein nach dessen Regierungsantritt und ersuchen ihn, das Land zu besuchen.


Dem durchlauchtigsten Herzogen und Herrn Herrn Alois Joseph souveränen Fürsten und Regierer des Hauses von und zu Liechtenstein von Nikolsburg, Herzogen zu Troppau und Jägerndorf etc. etc. unterthänigster Huldigungsakt der treu gehorsamsten Unterthanen des souveränen Fürstenthums Hohenliechtenstein.[1]
Vaduz, 26. Mai 1836
[2][3]

 

Durchlauchtigster Herzog!

Gnädigster Landesfürst und Herr, Herr!

Erschütternd und schmerzlich drang die höchst betrübende Nachricht von dem Hinschiede weiland Seiner Durchlaucht, unsers gnädigsten Landesfürsten Johann Joseph, des nun ver­klärten Herrn Vaters Eurer Hochfürstlichen Durchlaucht in unsere Herzen. Das Gefühl von tiefer Wehmuth und Trauer, das nur der Tod eines theuren Vaters in seinen liebenden Wai­senkindern wecken kann, trägt unser Thränenauge voll Liebe und Dank an sein fernes Grab.

Einem Fürsten, wie J[ohann] J]osef] war, die Zierde seines hoch erhabenen Standes, der Stolz und das Glück seines treu ergebenen Volkes, strahlend im Nimbus beglückender Regenten­tugenden, umgeben mit Gerechtigkeit und Milde, mit Weisheit und Kraft, Höchstdessen Güte keine billige Bitte, auch nicht die des geringsten seiner Unterthanen ungerührt liess, uns seines armen Volkes Wunden, die ihm bald die zürnende Natur, bald die ungünstige Constellation der Umstände, bald die herben Zeitereignisse schlugen, mit väterlichem Erbarmen möglichst wieder heilte, - einem Fürsten, der uns durch sich selbst auf eine vielen Völkern beneidenswerthe Stufe des Glückes, dem einzig noch das wünschenswerthe Schauen seines Antlitzes abging, schwang – einem solchen Vater des Vaterlandes aufrichtige Thränen unverletzbarer Liebe und gerührten Dankes in sein Grab nachweinen, werden Euer Durchlaucht an Höchstihrem Volke nicht unedel finden.“

So tief wir indess den grossen Verlust unsers nun in Gott ruhenden, unvergesslichen Landes­vaters betrauern, so hoch und freudig erhebt sich unsere Hoffnung an dem theuren Ge­schenke, das uns der Allmächtige an dem erhabenen Erben des Blutes und des Thrones wie der Tugenden des Verewigten an Euer Durchlaucht zu geben sich würdigte und wir, die wir bei der Beraubung unserer Stütze die Vorsehung tief gebeugt anbetheten, lobpreisen die­selbe dankend für den so reichen, so überschwenglichen Ersatz.

Geruhen demnach Euere Hochfürstliche Durchlaucht zuvörderst die tiefeste Huldigung, die wir, die ehrfurchtsvollst gefertigten Vorsteher in des Volkes Namen zu den Stufen Höchstdero Fürstenthrones zu bringen das Glück haben, huldvollst anzunehmen und der treuen Anhänglichkeit an Euer Hochfürstlichen Durchlaucht fürstliches Haus, das unser Glück und unser Stolz ist, sich gnädigst versichert zu halten.

Wenn wir auch für die erste, so grossmüthige Wohlthat, womit Eure Hochfürstliche Durch­laucht die ärmere Volksklasse zu bedenken geruhten[4] und die mit unsterblichem Ruhme den Regierungsantritt Eurer Durchlaucht krönt, den Ausdruck unsers gerührtesten Dankes ver­geblich suchen, so ist sie hinwieder das unlösbare Band, das unser Herz an das väterliche  Herz Eurer Hochfürstlichen Durchlaucht auf ewige Zeiten mit süssem Zauber knüpft, so wie wir auch darin die sichere Bürgschaft der fortwährend mit väterlicher Güte und Milde regie­renden Sorgfalt hoffnungsvoll erblicken.

Eines, o Fürst! – wir wagen es ehrfurchtsvollst auszusprechen – eines ist es, um was wir den Himmel flehen, er wolle uns einmal, ja doch einmal des Glückes – wir nennen es das höchste – des Glückes der persönlichen Gegenwart unsers innigst verehrten und geliebten Landes­vaters würdigen. Als vor 18 Jahren der Ruf plötzlich durchs Land erscholl: ‚Der Fürst ist da’ - o wir denken mit Entzüken daran – da erwachten freudige Hoffnungen an eine glückliche Zukunft in unserer Seele. Landesvater gewordener Fürst! Erfüllen Sie diese Hoffnungen, diese heissen Wünsche Höchstihres Volkes. Ahmen Sie auch hierin die allmächtige Erbar­mung nach: „Es war ihre Wonne unter den Menschenkindern zu weilen.“[5]

Der Bedürfnisse und Anliegen, die sich nur fühlen und eher sagen als beschreiben lassen, sind nicht wenige, deren Abhülfe dem väterlichen Herzen Eurer Durchlaucht Freude, Höchstihrem Volke aber Erleichterung bringt. Behörde und Volk, wie werden sie mit erneu­ter, verjüngter Kraft nach dem einen höchsten Zwecke des Staates hinarbeiten, Wohlfahrt des Landes! – wenn jene den anordnenden Wink und den in alle obschwebenden Verhält­nisse der Kräfte und der Lasten eindringenden Blick des selbst gegenwärtigen Regenten, die­ses die tröstende, lindernde Hand seines Vaters sehen und verehren können!

Bis uns aber dieses Glück wird zu Theil werden, um das wir unsere Bitten mit freimüthigem und ehrfurchtsvollem Zutrauen Eurer Durchlaucht vortragen, legen wir unsere Schicksale unbedingt in Höchstdero Hände, eneuern die feierliche Angelobung unverbrüchlicher Treue und Anhänglichkeit an Eurer Durchlaucht fürstliches Haus und des steten Gebethes für Höchstdessselben reichen Segen und Wohl wie für Eurer Durchlaucht glücklich und lange Regierung als

Eurer Hochfürstlichen Durchlaucht

Treu gehorsamste Unterthanen

N. N. N. N.

Hohenliechtenstein, am 26.Mai 1836

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[1] Rückvermerk.
[2] LI LA Schä U 244. Entwurf des Schreibens der Vorsteher vom 26. Mai 1836.
[3] Die Antwort des Fürsten wurde den Gemeinden in einem Zirkularschreiben vom 2. August 1836 übermittelt: „Meinen Dank allseits auszudrücken, Meine feste Hoffnung, das Meine Angestellten mich würdig vertretten, die Geistlichkeit das Volk zum Guten leiten, dieses Volk selbst durch kindliches Vertrauen Mir stets nahe bleiben, auch Mein Versprechen, sobald in Land zu kommen. Alois F.L.“ (Wörtlich mitgeteilte Resolution des Fürsten). LI LA Schä U 245.
[4] Fürst Alois II. liess bei seinem Regierungsantritt 500 Gulden unter die ärmsten Familien des Landes verteilen. Vgl. Rupert Quaderer; Politische Geschichte des Fürstentums Liechtenstein von 1815-1848. In : JBL 1969, S. 106.
[5] Gemeint ist die Freude Jesu, bei den Menschen zu sein. Das Zitat stammt aus der Bibel, Sprüche 8,31: „Meine Wonne war bei den Menschenkindern.“