Rheinberger übersendet am 9. Juni 1901 folgende Reime dem Kreuther Stammtischgenossen La Roche


Reime, 09.06.1901

Dass das Rapperswyler Pflaster[1]

Nicht behagt dem Philologen,

Zeigt, dass in gewalt'ger Hast er

Nach Churwalden[2] ist gezogen.

Möge dort auf grünen Matten,

In der Berge kühlem Schatten,

Er der Füsse Schmerz verlieren

Und sich gänzlich auskuriren!

Wir, der Rest der bösen Zungen,

Kühlen unsre heissen Lungen

An Janbisis Eisgefrornem,

Wo sich trifft Gemein und Vornehm.

Wenn wir nicht Mitglieder werben,

Droht der Tisch ganz auszusterben!

Hätten wir gesorgt bei Zeiten,

Eignen Nachwuchs zu bereiten!

Doch das that allein der Bechte,

Dem ich diesen Kranz drum flechte!

Doch wir andern armen Sünder

Haben leider keine Kinder,

Um Meidingers schöne G'schichten

Auch der Nachwelt zu berichten.

Bald zu End ist die Histori

Von der bösen Zungen Glori.

Dieses thät ich Ihnen schreiben

Und Ihr alter Freund verbleiben.

 

 

 

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[1] Rapperswyler Pflaster = Rapperswil, Städtchen im Kanton St. Gallen am Zürichsee.
[2]  Churwalden = Ortschaft südlich von Chur (Graubünden).