Hedwig von Holstein schreibt an Fanny Rheinberger über die Werke ihrer Ehemänner


Hedwig von Holstein schreibt unter dem 19. Oktober 1869 an Fanny Rheinberger:

Gestern Abend wurden im Tonkünstlerverein wieder 2 Compositionen von unseren Männern aufgeführt, es ist mir höchst erfreulich, dass die Beiden meist zusammen auf dem Programm stehen. Die 7 Raben & der Haideschacht haben auch innerlich Verwandtes, in der Gesinnung, in der Noblesse ganz unbedingt,- ich glaube die beiden Opern werden auch das gleiche Schicksal haben, sie werden die edlen & reinen Gemüther alle ergreifen & werden nie dem grofen Haufen oder den überreizten Weltkindern gefallen. Ich sagte Franzen mitten in der Vorstellung der 7 Raben: Würdest du das nicht auch geradeso gemacht haben? Darauf antwortete er: Ich wünschte, dass ich das gekonnt hätte, an das Quartett reicht meine Kraft & mein Können nicht halb hinan!

Was mir bei dem Duo für Clavier Ihres Mannes wieder von Neuem auffiel, ist die unbedingte Eigenthümlichkeit. Darin ist keine Spur von Mendelssohn oder Schumann, es erinnert an gar nichts Vorhergegangenes - das ist sicher der leuchtendste Beweis von ursprünglichem Talent. -

Ich müchte Ihnen lieber ein Buch schreiben als einen Brief und habe doch gar keine Zeit. Um 11 Uhr ist Concertprobe mit Frau Joachim, die ich seit Salzburg nicht gesehen. Es ist eine Königin unter den Frauen & ein wahres Wunder, wenn man bedenkt, dass sie vor 10 Jahren noch Choristin war - Ich meine nicht ein Wunder der Kunstbildung, sondern an Menschenbildung. Sie hat eine so einfache Würde & eine solche Harmonie des Wesens wie ihr Mann in seinem Geigenspiel, ich glaube, sie hat es in ihre Person übertragen.

Mein armer Franz ist die ganze Zeit über ernstlich unwohl gewesen, & es könnte mich deprimiren, wenn ich nicht einen solchen Fond von Frische & Kraft aus meinem geliebten Gastein mitgebracht hätte, dass ich mich jetzt so leicht nicht unterkriegen lasse von blassen Stimmungen. Wir schwanken noch über die Besetzung der Oper. Wenn Franz Frau Krebs-Michalesi aus Dresden kommen 1ässt zu Gastrollen als Helge, kann er diese gefährliche Parthie später nur von untergeordneten Sängern singen lassen, weil sich die Primadonna beleidigt fühlen wird, die Parthie nicht in der ersten Aufführung zu singen. Und doch ist die Krebs so vortreffllch, & es hängt doch alles von ihr & von den ersten beiden Auffuhrungen ab, dass ich eben doch dafür bin.

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Die Joachim hat eben unerhört schön gesungen In der Probe, das Isisstück von M. Bruch, den ich Im Allgemeinen gar nicht sehr schätze, aber dies für die Joachim geschriebene Stück machte den tiefsten Eindruck auf mich. Franz sagt, von einer gewöhnlichen Sängerin gesungen würde es langweilig erscheinen, es sei an sich nicht bedeutend.

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