Die "Neuesten Nachrichten" berichten ausführlich über "Die sieben Raben", Nr. 42, S. 504


Die "Neuesten Nachrichten" München, berichten zwei Tage nach der ersten kurzen Notiz nun in ihrem Unterhaltungsblatt ausführlicher über Rheinbergers Oper, Nr. 42 vom 27.5.1869, S. 504:

Es gibt Leute, welche behaupten, das Märchen habe in unseren Tagen, die vom Materialismus angenagt seien, kein Publikum mehr. "Die sieben Raben", welche am letzten Sonntag (23.5.1869) im Hoftheater zum ersten Male aufgeführt wurden, lieferten den Gegenbeweis dieser Behauptung. Die schlichte, einfache Erzählung des schönen, an Poesie reichen Märchens fand ein ebenso aufmerksames als dankbares Publikum, und doch gab es nirgends theatralische Kunststückchen, nirgends mit französischem Raffinement gesuchte Effekte, und der Erfolg, den sich die Novität errang, war ein ganz ausserordentlicher.

Der Dichter des Textbuches, Franz Bonn (z.Zt. Staatsanwalt in Bayreuth), hat es verstanden, eine ganz einfache Handlung in ergreifender Weise dramatisch effektvoll zu gestalten und eine Spannung zu erzielen, welche das Publikum bis zum letzten Fall des Vorhanges in Athem halt. Die Sprache ist schlicht und einfach, innig und kindlich, wie es sich für das Märchen schickt. Offenbar hat sich der Dichter, wie das den meisten Textlieferanten zu gehen pflegt, durch die Komposition eine Reihe von Abänderungen gefallen lassen müssen, an denen er wohl unschuldig ist. /.../

Die Situation, welche der Dichter vorführt, geben der Musik zahlreiche Gelegenheiten, sich in verschiedenen Stimmungen auszusprechen; dabei wird aber mit Recht die lyrische Grundstimmung des Märchens festgehalten. -  Unter den auftretenden Charakteren ist vor allem Elsbeth der Liebling des Publikums. Mit doppelter Vorsicht und Sorgfalt haben Dichter und Komponist diese Rolle ausgeführt und der Erfolg, den die Oper errang, beruhte wesentlich auf dieser Thatsache. Im übrigen konnte sich der Komponist gratulieren, einen so brauchbaren Text gefunden zu haben.! /…/

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